Episode 09 – Reformbunker

zu Gast: Ewald Oberleitner

REFORM UND REVOLUTION

ja super ich bin viel zu spät um noch wirklich was komplett neues anzufangen weil der bunker schon wieder mehr als ein jahr läuft und ich komme schon zu so einem alltag dazu, wo ich fast nicht mehr reinsteigen kann um ihn umzugestalten, ein bisschen so ähnlich geht es mir übrigens auch mit der kunstgeschichte und der politik im allgemeinen, ich habe diese wahnsinnige sehnsucht da mal einen stopp zu machen und alles was bis jetzt schon war, mal umzuschmeißen, ich weiß natürlich dass das nicht geht, weil ein paar so sachen immer überleben aber dann wäre es zumindest so eine gewaltfantasie von mir das alles was die ganze zeit passiert, auch jetzt, während ich rede, während wir reden, das alles mal einzufrieren, nur für einen moment damit ich nicht immer mit meiner aufmerksamkeit bei so wahnsinnig vielen verschiedenen sachen sein muss, ich zähle dir das nur mal auf: die haltung die ich einnehmen muss weil ich mich sonst nicht so gut fühle, die pferde die ich noch kaufen muss, die kindheit von der architektin die wir bei der letzen bunkerunterhaltung nicht fertig erzählt haben, die frage was mit der IS zu tun ist, die frage wo die kinder sind, denkt denn niemand an die kinder, davon abgesehen auch noch die frage ob das jetzt schon der alltag ist, ob der jetzt einfach auch weitergehen würde wenn ich mich rausnehmen würde aus dieser zigarettenschachtel bunker, oder: rausnehmen aus der schule, weil ich eh nicht mitkomme, spätestens wenn es um diese sozialen kompetenzen geht, komme ich nicht mehr mit deswegen muss ich mich zusammenreißen und rausnehmen und irgendwo zusammenkehren, also einkehren und jetzt bin ich schon wieder, und zwar leider: weg vom anfang den ich reinhauen wollte in diesen alltagsfluss von dem ich mich jetzt noch nicht so ganz emanzipiert habe und jetzt ist aber ein punkt erreicht: die emanzipation, die einzelnen materialien, die körper, die sich dazu verhalten was laut plan passieren muss, und ich will dich nicht anmachen! für mich ist nämlich das, was wir hier die ganze zeit sagen, der plan, das ist die erweiterte hausordnung, das kommt nicht wirklich von mir, das kommt von woanders, von der oberfläche, und jetzt sollte bitte niemand sagen dass das, was ich sage, zu oberflächlich ist, dieser alltag, dieser alltag mit dir, ich habe mir diesen alltag deshalb gewählt weil ich mich mit was anderem beschäftigen will, ich will im plan sein und mich dabei körperlich emanzipieren, die wörter die ich die ganze zeit sagen, sind sowas wie linksliberale eltern, oder so bilderbuchfamilien im mittleren westen der USA, die mir angemessene halbbildung ermöglichen, und die mich trotzdem raustreiben in die welt, weg von den wörtern, weg von der oberfläche und den schnurrbärten, weg vom alltag und dann eben mehr in richtung wien oder richtung veranstaltungstechnik, wo man nachts arbeitet, wenn die sätze langsamer werden, und die pausen länger, aber anscheinend sind hier keine pausen eingeplant, ich meine eigentlich warte ich die ganze zeit seit ich hier im bunker bin darauf dass es eine pause gibt, es ist ja kein geheimnis dass gerade in den pausen eigentlich die richtig guten sachen entstehen, stichwort kreativität, stichwort haltung, die haltung, die ich zur welt einnehme, die entsteht während den pausenunterhaltungen, und bei der weltgeschichte wird das seit schätzungsweise ungefähr zehn jahren immer mehr zum problem, weil die weltgeschichte NIE eine pause macht und wie soll ich denn da wenn ich nicht nachkomme, mal eine haltung zum IS entwickeln wenn diese geschwindigkeit der geschichte immer nur diese andauernde IRONIE bedingt, diese haltung legt sich dann über alles drüber, und dann bleibt nichts über von diesem ganzen schmerz, ich hoffe ich kann schmerz sagen ohne dass es gleich zu so einer INNERLICHKEIT wird, also dass es nur noch um die innere befindlichkeit geht, weil das stimmt nicht, die wahrheit ist, dass meine befindlichkeit nicht innen ist, also zumindest nicht in mir, im gegenteil, meine befindlichkeit gehört nicht mal wirklich mir, die verliere ich die ganze zeit nach draußen, sie liegt auf der straße herum und schreit mich an und schreibt mir e-mails und lädt mich zu veranstaltungen ein und wenn ich gerade nicht gut drauf bin sondern in meiner ewigen ironie hängengeblieben mit einem bier neben mir dann nehme ich teil, und dann nehme ich an dieser veranstaltung teil und denke mir, wenn diese befindlichkeit mich jetzt eingeladen hat und sich mit mir unterhält, was ist dann in mir drinnen? und dann geh ich zum arzt und mache ein röntgenbild und auf dem röntgenbild sehe ich dann sowas wie eine szenerie in der wüste, wo menschen transparente in die kamera halten und parolen rufen und dann denke ich mir, moment, es ist ein röntgenbild, es gibt also keine kamera, wo kommt die kamera her, und in dem moment wo ich das denke finde ich mich selbst und den alltag wo ich nicht rauskomme und die ironie an der bar und die ironie mit der ich versuche das zu brechen wieder ekelhaft, ich finde es nicht bürgerlich, sondern einfach nur ekelhaft, ein anderes wort fällt mir jetzt komischerweise nicht ein, das ist wahrscheinlich ein symptom, und jetzt wieder dieser bunker, dieses gefühl das sich gerade über mich drüberlegt und mir überlegen ist und eine gewaltfantasie, eine sinnlose gewaltfantasie eigentlich, und das ist das komische daran, ich möchte jetzt raus aus diesem alltag, und ich habe jetzt schon mehrmals versucht, meinen körper innerhalb dieses alltags in eine position zu bringen und normalerweise müsste der alltag mir ja alles liefern: ich müsste normalerweise eigentlich um endlich eine frische haltung zu beziehen einfach nur das gegenteil von dem alltag machen, das gegenteil von der musik und dem licht und dem alltag wäre dann DAS weiß ich eben nicht, der alltag ist ja gleichzeitig der hass auf andere kulturen und die fehlende energie und die erwärmung bis 2050 die da weitergeht, und dann geht es irgendwann noch weiter, und dann weiß ich, ich bin hier zuhause, habe ich das jetzt wirklich gesagt, oder doch nicht, ich weiß nicht ob zeitlupe das richtige wäre um auf mein leben zu richten, oder: man richtet die zeitlupe ja nicht auf ein objekt, die zeitlupe passiert ja später, wenn man das was man eingefangen hat, in ruhe anschaut und dann langsam wiedergibt, aber das geht ja dann schon wieder nie, das ist nicht möglich, weil schon wieder das nächste ereignis passiert, in graz oder auch in syrien, wo ich eingeladen werden und schon die architektin und 12 andere meiner freunde teilnehmen, mit denen ich durch den bunker verbunden bin, und natürlich durch die gewissheit, dass es viel zu wenige gute horrorfile gibt, und viel zu viel schlechte horrorfilme, ich könnte jetzt einige aufzählen, NEIN BITTE LIEBER KOPF, bitte schick mir jetzt nicht titel von schlechten horrorfilmen ich kann das jetzt nicht aussprechen oder auch nur denken, weil ich es nicht denken kann, muss ich es dann nämlich immer aussprechen, aber ich glaube nicht, dass es dann weg ist,

im gegenteil, es ist dann größer geworden, und es legt sich direkt zu diesem schmerz dazu aber wenn alles größer wird dann will ich das jetzt nicht extra so groß erwähnen, ich will nicht über den schmerz sprechen, nicht hier im bunker, wenn man sich im bunker spricht und dann über den schmerz spricht dann wird es immer so politisch und dann wird es radikal und dann nimmt man eine abkürzung trägt den schmerz auf die straße und glaubt dass man eine revolution macht und in wirklich demonstriert man nur seinen eigenen mittelstandsgefühlshaushalt, der nicht mehr genug einkommen hat, und deswegen demonstriert man und ist wütend, aber das gefühl wenn du den anderen in die augen schaust, mit denen du dich im bunker getroffen hast, dieses gefühl sagt dir genau: das ist die neue bürgerlichkeit die sich da gerade formiert in deinem bauch und sie wächst und wird größer, sie ist die neue mitte und sie ist nicht gutartig! sie ist verheerend. wir wissen wovon wir sprechen und wir haben auch die begriffe dafür. wir sind ganz unten aber wir stehen drüber. da ist sie schon wieder, diese falsche haltung, diese falsche perspektive, diese falsche welt. glaub mir bitte, dass ich das selber nicht will. ich will etwas ganz anderes. aber das was ich will, sag ich ja nicht. das ist das einzige, was ich hier nicht sage. was ich politisch und gefühlig und sexuell und finanziell will, das sage ich nicht. das ist das einzige was unter der haut bleiben soll. sonst löse ich mich komplett auf und fließe raus bei der türe und bin ein teil von einer pfütze wo so ein hund ausrutscht, sich aus versehen aufschlitzt, sein schreien ist noch bis nach geidorf zu hören, wo jetzt gerade meine schwester in ihrem dunklen zimmer sitzt und nicht mehr rausgeht, und das seit mittlerweile 12 jahren, aber sie verschickt trotzdem hin und wieder sms und statusmeldungen, dabei hat sie gar keine status. sie existiert nämlich nicht. mehr ist darüber nicht zu sagen. ich habe schon viel zu viel über sie gesagt. hoffentlich kann niemand das nachverfolgen, zum beispiel anhand der wenigen details die ich verraten habe über sie. ich sage nichts mehr dazu. und ich bin nicht betrunken!

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *