zu Gast:
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previously on nights im bunker
(FEHLT WEGEN COMPUTER TOT)
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TINA
jenny. ich habe angst.
JENNY
wovor?
TINA
davor, dass es irgendwann aufhört.
JENNY
es hört nie auf.
TINA
oder dass wir uns irgendwann nicht mehr verstehen.
weißt du, dass wir, je länger wir hier eingebunkert sind, uns immer näher kommen und irgendwann haben wir völlig die professionelle distanz zu uns selbst verloren.
JENNY
da müssen wir einfach dran arbeiten, dass es nicht passiert.
TINA
aber wie?
JENNY
in dem wir ein bisschen distanzierter zu uns selbst sind und trotzdem nicht drauf vergessen, uns auszutauschen. die menschliche komponente darf nicht fehlen!
TINA
gut.
JENNY
ich möchte, dass wir ab jetzt wieder per sie sind.
TINA
das gefällt mir.
JENNY
mir auch.
TINA
kann ich sie was fragen?
JENNY
selbstverständlich.
TINA
wovor haben sie denn angst?
JENNY
meine persönlichste und gleichzeitig größte angst ist, arbeitslos zu werden. das merkt man glaub ich auch. und das gefällt mir nicht. ich würde das lieber verstecken. naja gut kann ich nicht. aber: deshalb hab ich ja auch diese vielen umschulungen gemacht.
TINA
aber es gibt hier keine arbeit.
JENNY
ja gut aber was ist das denn für ein bunker wenn es hier keine arbeit gibt?
ARNE
das haben wir doch unterschrieben, oder? haben sie das nicht unterschrieben?
JENNY
was?
dass wir hier kost und logis kriegen und ein bisschen unterhaltung.
JENNY
unterhaltung???
ARNE
naja: musikinstrumente. aber von arbeit ist da nichts gestanden.
JENNY
aber das ist doch wahnsinn. ich muss arbeiten.
TINA
aber wieso denn??
JENNY
weil ich sonst komplett aus der gesellschaft rausfalle.
TINA
sie sind schon rausgefallen, deshalb sind sie ja hier.
JENNY
ich weiß nicht….
was ist denn ein mensch, der nicht arbeitet? was hat denn der dann für einen sinn?
ich möchte betonen, dass es erst die arbeit ist, die mich von den tieren unterscheidet, mit denen ich zusammen gewohnt habe: ein hamster, eine kleine ratte und ein paar wiesel in einem verschlag an der rückseite der tankstelle in der elisabethstraße.
ARNE
sie haben da gewohnt?
JENNY
gewohnt und gearbeitet, ja.
ARNE
die wiesel?
JENNY
nein, die wiesel haben dort nur gelebt. die hatten keine arbeit, die hatten nur ihr nacktes leben und die aussicht irgendwann weiter verkauft zu werden. entweder an einen reichen sammler aus luxemburg, den ich selbst nie zu gesicht bekommen habe, oder an einen zwielichten kellner aus jakomini, der damit seine schlange füttert, die er in einem riesigen terrarium hält. ich habe gehört, dass er sie auch verwendet, um leute einzuschüchtern, die im geld schulden.
ARNE
klingt spannend. ich muss jetzt aber leider weiter arbeiten.
MUSIK LAUT UND LANG.
TINA
….haben sie das professionell gemacht?
JENNY
das mit den wieseln? nein, das war nur ein kleiner zusatzverdienst. ich konnte davon aber nie leben, deswegen war es kein beruf. aber für mich war es mehr als ein beruf. eine berufung.
TINA
das ist richtig toll, wenn man das gefunden hat.
JENNY
naja, das war nur so eine privatberufung. ein zufall. ich habe einen typen kennengelernt, in der kombüse, der das beruflich macht. er schmuggelt sie aus kroatien über die grenze und verkauft sie dann an eben diesen privatier aus luxenburg.
TINA
wenn wir hier rauskommen, wird es diese grenze wahrscheinlich auch nicht mehr geben.
JENNY
das ist furchtbar! dann werden doch die grenzschutzbeamten arbeitslos!
TINA
sie können aber anders eingesetzt werden. sie könnten zum beispiel formulare abstempeln oder bewilligen. oder sie machen einfach gar nichts mehr… sie sind nur noch privat, so wie dieser typ aus luxenburg. haben sie nicht gesatgt, der war privatier?
JENNY
ja, aber nur, weil er schon wahnsinnig viel gearbeitet hat. er hat so viel gearbeitet, dass er so viel geld verdient hat, dass das geld dann für ihn weiter gearbeitet hat. deswegen konnte er privat sein. und die wiesel hatte er nur zum zeitvertreib, während das geld für ihn gearbeitet hat.
TINA
das ist sehr sehr schlau.
JENNY
ja klar. jedenfalls schlauer, als sein geld einfach nur zu bunkern und zuzuschauen, wie es immer weniger wird, wenn es nur herumliegt.
TINA
gut, dass sie das sagen: jetzt weiß ich wieder warum ich so schlecht drauf bin. ich komme mir vor wie gebunkertes kapital das immer weniger wird. genau das ist unsere situation: ich bin jung, dynamisch und flexibel und habe noch mindestens 30 gute arbeitsjahre vor mir, in denen ich mich reproduzieren könnte. aber statt dessen bin ich hier gebunkert und werde immer weniger. ist ihnen das auch aufgefallen?
JENNY
nicht direkt.
TINA
aber sind sise nicht auch so furchtbar müde?
JENNY
doch doch. das schon.
TINA
wollen sie noch was trinken.
JENNY
nein danke, ich muss noch arbeiten.
TINA
sie müssen was???
JENNY
ach so… ja… ich meinte jetzt, ich muss an meiner erscheinung arbeiten. ich mus mich fit halten. also nicht im sinne von working class sondern im sinn von work-out.
TINA
könnte ich da auch mitarbeiten?
JENNY
schauen wir mal.
MUSIK. WORKOUT.
TINA
das war ausgezeichnet. so hart hab ich schon seit mindestens… was für ein tag ist heute?
TINA
…seit mindestens 4 jahren nicht mehr gemacht.
…wissen sie, dass mir das angst macht?
JENNY
was?
TINA
die vorstellung, ein privates gespräch zu führen, und dann zu bemerken, dass mein gesprächsparnter gar nicht privat ist, sondern gerade beruflich mit mir spricht. beispielsweise in öffentlichen parks. hier arbeiten dealer, nebenerwerbspunks und kriminalpolizisten in freizeitkleidung. und alle tun so, als wären sie privat.
JENNY
ja das stimmt. sogar die kellner in dem cafe haben immer so getan als wären sie privat hier.
TINA
und manchte tragen jogginghosen.
JENNY
niemand arbeitet in jogginghosen. wer eine jogginghose anzieht, hat die kontrolle über sein leben verloren.
TINA
sie meinen, weil er arbeitslos ist.
JENNY
ja, so ungefähr. die dinger sind gefährlich.
TINA
da haben sie recht. man katapultiert sich aus dem ökonomischen kreislauf heraus und nimmt nicht mehr teil an dem hamsterrad.
JENNY
wieso hamsterrad?
TINA
haben sie nicht vorhin von hamstern gesprochen? ich arbeite gerade an einer streitschrift gegen die allgegenwärtige arbeitsmoral und habe ihre hamster deshalb sofort in meine metapher eingebaut.
JENNY
nein ich habe von wieseln gesprochen. die kleinen flinken nagetiere.
TINA
dann stimmt die metapher nicht.
JENNY
was haben sie gesagt, woran arbeiten sie gerade?
TINA
an einem roman.
JENNY
das stelle ich mir wahnsinnig hart vor.
TINA
ja, da haben sie recht, es ist harte arbeit.
JENNY
was?
TINA
mein projekt. ich plane nämlich einen kinofilm. er soll nächstes jahr in die bunkerkinos kommen.
er handelt von einer frau die einen alptraum hat, der möglicherweise irgendwann wahr wird: sie wächst in einer kleinen sehr beschützten welt ohne sorgen auf. alles ist irgendwie… nett. und dann kommt sie nach und nach drauf dass alle anderen nur daran arbeiten, diese welt für sie aufrehct zu erhalten, dass die anderen also dafür bezahlt werden und im anschluss, wenn sie im bett liegen, heimlich aufstehen und nachhause gehen.
JENNY
ich fürchte, diesen film gibt es schon.
TINA
das macht nichts. ich muss diese arbeit trotzdem machen. ich werde sonst wahnsinnig.
JENNY
welche arbeit?
TINA
die arbeit an meiner diplomarbeit. habe ich das nicht gerade erwähnt.
JENNY
doch doch. studieren sie noch?
TINA
nein, ich arbeite.
JENNY
aha. und was arbeiten sie?
TINA
ich bin im projektmanagement.
JENNY
das ist eine sinnlose tätigkeit. es gibt im bunker keine projekte.
TINA
das stimmt.
JENNY
nein überhaupt nicht.
noch nicht. außerdem: arbeit lässt sich nicht daran messen, ob sie sinnlos ist oder nicht. es waren immer schon die meisten arbeiten völlig sinnlos. denken sie an die ganzen steuerberater*innen, bankangetellten, animateur*innene, fernsehschauspieler*innen, getränkeproduzent*innen, scheidungsrichter*innen, prieser*innen und parkwächter*innen.
TINA
da haben sie aber verdammt recht!
JENNY
die liste ließe sich beliebig fortsetzen. aber ich kann nicht. ich muss wieder an die arbeit.
MUSIK: ARBEIT
DEAD WURZ
ich hab mal heimlich während der arbeit ein video angeschaut. im internet. ich hab da gerade als systemadmin gearbeitet, bei der dings. in dem verein von der franziska halt. mit den projekten. wurscht. ich habe ein video aus brasilien gesehen, wo bei einem fußballspiel ein schiedsrichter einen spieler erstochen hat. dann ist der schiedsrichter von der menge gelyncht worden. das hat mich wahnsinnig mitgenommen, muss ich sagen. vor allem, weil das ein hobbyfußballspiel war. aber ich war dann den ganzen tag lang komplett fertig und hab nicht mehr gescheit arbeiten können. deswegen ist das system zusammengebrochen. und das hat dann dazu geführt, dass die franziska das mail nicht schreiben hat können, in dem sie die entscheidende letzte information über das projekt drin stehen gehabt hat. und die haben das dann einfach trotzdem gemacht. und das hätten sie halt nicht machen sollen. aber das ist halt manchmal so. ich mach dann mal weiter.
*
ENDE
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